Jürgen Hönig

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Martin Pumphut

Martin Pumphut Handzeichnung von Grit Plobner

Handzeichnung von Grit Plobner

Martin Pumphut, der wandernde Müllerbursch, ist so eine Art Tyll Eulenspiegel, von dem man sich nicht nur in der Lausitz, sondern auch im sächsischen Voigtlande wunderbare Geschichten erzählt. Sein Name rührt her von einem großen spitzen Hut, den er zu tragen pflegte und der ihn überall kenntlich machte. Manche nannten ihn auch Graumännchen, weil er immer einen grauen Kittel trug. Martin Pumphut ist geboren in dem kleinen Dörfchen Spuhle bei Hoyerswerda. Bald nach seiner Geburt verschwand er einmal aus der Wiege, in der man statt seiner eine große, aber unschädliche Schlange fand. Die erschrockenen Eltern eilten sofort in alle Himmelsgegenden, um das Knäblein zu suchen. Als sie ihn nirgends fanden und verzweiflungsvoll nach Hause kamen, lag er wieder frisch und gesund in der Wiege.

Als er sechs Jahr alt war, zog eine Zigeunerbande durch das Dorf. Eine Zigeunerin, welche bei seinen Eltern bettelte, erblickte kaum das Kind, als sie wahrsagend ausrief, Martin würde weit in der Welt herumkommen, zwar in niederem Stande bleiben, aber viel Reichthümer erwerben, großes Aufsehen machen und endlich durch ein Frauenzimmer um’s Leben kommen. Der Knabe wuchs nun heran, lernte außer seiner wendischen Muttersprache auch noch die deutsche und zeichnete sich bald durch Schlauheit und Neigung zu lustigen Streichen vor seinen Altersgenossen aus. Auch will man Nachts, wenn er schlief, sonderbare Gestalten über seinem Haupte schweben gesehen haben, und wo er im Dunkeln ging, umhüpften ihn Flämmchen.

Wie die Sage erzählt, war Martin auf einer Auktion und wollte ein Bild ersteigern, auf dem ein Mann mit einem Hut abgebildet war. Martin aber hatte nicht genügend Geld und der Auktionär sagte: „Dein Geld langt für das Bild nicht, höchstens für den Hut.“ „Der Hut ist auch schon etwas.“ sagte Martin, warf das Geld auf den Tisch, stürzte auf das Bild zu, griff drauf, langte den gemalten Hut vom Bild runter, setzte ihn auf und war weg.

„Dr Hutt abr woar a kurjos Ding. Ar woar ver Filze, huch und spitz’g und hoatte unn an ganz breetn Rand. Sitt doas nö groade aus, oß hätt a ver ar Bumbehose’s Been ömgestölpt und uhfgesoatzt.“
 

Als er erwachsen war, lernte er die Müllerprofession und führte von nun an ein lustiges Wanderleben, indem er immer dem Wasser nach von Mühle zu Mühle ging. Wo es ihm gefiel, da blieb er, und für einen Schnaps und ein Stück Brot machte er den Leuten allerlei ergötzliche Schwänke und spaßige Dinge vor. Nur wo man ihm absichtliche schlechte Kost vorsetzte oder ihn gar hungern ließ, spielte er den Leuten arge Streiche. Sonst war es ein gar harmloser Kerl. Zu seinen übernatürlichen Künsten gehörte, dass er auf papiernen Kähnen die Flüsse passierte; Elbe, Saale und Mulde hat er auf diese Weise überschritten. Zuweilen ritt er auf einer großen Heuschrecke durch die Luft. In Budissin zerschnitt er einen Mühlstein, was man noch heute daselbst in der großen Mühle abgebildet sehen kann. Bei Dresden setzte er einmal bei großer Windstille alle Windmühlen in Bewegung, indem er durch ein Nasenloch blies, während er das andere zuhielt.

Als er durch Volkersdorf wanderte, zimmerte man eben eine Mühlwelle. Er bemerkte im Vorübergehen, dass sie ja viel zu kurz sei, aber man lachte ihn aus. Bald aber überzeugte man sich von der Wahrheit seiner Bemerkung, und als er wieder vorüberkam, bat ihn der Müller um Rath und Hülfe. Da dehnte mein Pumphut einfach die Mühlwelle aus, wie Brezelteig und setzte so die fehlende Elle zu.

Zu Heiligenbeil schleuderte er seine Axt an den Kirchturm, wo sie noch heute zu sehen ist.

In Leipzig ließ er im Gasthofe zum goldenen Siebe am hellen Tage zur Meßzeit eine Menge Hasen aus dem Kacheltopfe heraus- und wieder hineinspazieren.

Den Müllern, die ihm das übliche Geschenk verkürzten oder verweigerten, leitete er das Wasser ab. So machte er es z. B. mit einigen Saalmüllern. Wer ihn freundlich aufgenommen hatte, dem fehlte es nie an Wasser auf der Mühle.

Zu Wallengrün im Voigtlande zauberte er alle Fliegen, die im Zimmer waren, in seinen Hut, um ungestört essen zu können.

Einst wandert er ermüdet auf der Landstraße einher. Da kommt ein Roßtäuscher mit Pferden geritten. Lass mich ein Stück mitreiten, Kamerad, bittet ihn Pumphut. Aber der große Kerl hört gar nicht auf die Bitte des Ermüdeten. Dafür fand er am nächsten Morgen im Stalle statt seiner Pferde – Strohwische.

Lange Zeit hielt er sich beim General Sybilski auf. Dieser warf einst schwarze Haferkörner in den Kacheltopf, welche sich auf der Stelle in ein Fußvolk verwandelten, herauskletterten, sich auf dem Schloßhofe versammelten, manövrierten, sich wieder in ihre kupferne Kaserne begaben und als schwarze Haferkörner darin lagen. Pumphut langte aus einer am Fenster stehenden Mulde einige Erbsenkörner heraus und warf sie ebenfalls in den Kacheltopf, welchem sofort eine ganze Schwadron vollständig equipierte Reiter entstiegen. Allein da er Sybilski’s Worte nicht wusste, vermochte er sie nicht wieder in den Kacheltopf zu bringen, vielmehr setzten sich ihre Klingen auf seinem Buckel in unangenehme Bewegung, bis ihm der General zu Hülfe kam, der sie sofort Kehrt machen ließ, dahin wo sie hergekommen waren.

Übrignes soll Martin Pumphut auch früher schon zu Hildesheim sich als der Geist Hütchen gezeigt, auch dem Herzog von Friedland, Albrecht von Wallenstein, als graues Männchen wesentliche Dienste geleistet haben und endlich mit einem reizenden Frauenzimmer unter Hinterlassung jenes berüchtigten Hutes aus einem Gasthofe zu Paderborn zu Ende des siebenjährigen Krieges verschwunden sein.

Quelle: Karl Haupt: Sagenbuch der Lausitz. Gekrönte Preisschrift. Erster Theil: Das Geisterreich. Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1862, Nr. 220, S. 185-187

Geschrieben am 19. Februar 2013 | Abgelegt unter Sagen